GOSTNER Hoftheater e.V.

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Straymonk

Zwei Altsaxofone, Bass, Schlagzeug - das scheint doch eher eine gewagte Besetzung, die Nat Su und Gabriel Dalvit für ihre Gruppe Straymonk wählten, als sie vor zehn Jahren ihre Hommage an Billy Strayhorn und Thelonious Monk vorlegten. Heute, nach zehn Jahren, gibt es die Formation immer noch, nach einer CD mit der Musik von Charles Mingus folgt nun eine mit Kompositionen von Nat Su, im gleichen Format, aber mit anderer Rhythmusgruppe (Dominique Girod am Bass, Jonas Ruther an den Drums). Sie heisst «Pling» und ist die schönste von allen, sicher ein Höhepunkt im schweizerischen Jazz des letzten Jahres, ach was: ein unangestrengtes Meisterwerk weit darüber hinaus.
Zwei Altos, das erinnert zunächst an die Saxofon-Battles vergangener Zeiten - «Phil [Woods] & [Gene] Quill», «Tough Tenors» (Lockjaw Davis /Johnny Griffin) u. v. a.
Allein, Straymonk verfolgt das Gegenteil solcher sportiven Muskelspiele, orientiert sich eher an den coolen Dialogen von Lee Konitz und Warne Marsh, oder, in der Durchsichtigkeit des pianolosen Quartett-Sounds, an den Quartetten von Chet Baker (wenn auch mit ungleich druckvollerer Rhythmusgruppe). Ich meine, zumal in den langsamen, balladesken Stücken,noch einen anderen Anklang zu hören: den an Ornette Coleman. Dessen «Lonely Woman» zum Beispiel ist ja die Widerlegung jenes destruktiven Free-Jazz-Image, das Ornette von Orthodoxen lange angehängt wurde. Nicht anders tragen Su und sein Schüler Dalvit und Co. den Kopf in Höhen, wo die Freiheit wohl grenzenlos ist, stehen aber mit den Füssen in einer Jazztradition, die von Struktur und Zusammenklang ausgeht und die kruziale alte Qualität Swing nicht verachtet. Su und Dalvit sind beide, wenn sie sich denn überhaupt von innigen Unisoni und gefinkelten Duetten ins Solistische lösen, Improvisatoren, die die Vorlagen nicht als Vorwand für Nudeleien ausbeuten, sondern daraus Erzählungen mit einer eigenen Logik formen. So entsteht eine neue, überraschende, aber auf Anhieb nachvollziehbare Musik, die weder traditionell noch avantgardistisch ist. Oder beides zugleich.
«The Shape of Jazz to Come».
von Peter Rüedi 2017